Ortsgeschichte

Auszug aus der Geschichte von Schirnding

1377 – Die Ortsgründung kann zeitlich nicht genau festgelegt werden; nach einer im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München vorhandenen Urkunde, von Heinrich und Dietrich von Schirnding gezeichnet und gesiegelt, ist der Ort Schirnding am 8. Oktober 1377 erstmals nachweislich erwähnt. Für die Entstehung des Ortsnamens gibt es mehrere Versionen; wahrscheinlich hat Schirnding seinen Namen vom uralten und reichen Geschlecht derer von Schirnding.

(Lageplan Schirnding und Umgebung, Bildquelle: Gemeindearchiv Schirnding)


1433 – Neuerlicher Einfall der Hussiten, die seit 1427 das Sechsämterland unsicher machten.

1450 – Im Ort gab es bereits zwei Wirtshäuser, in denen Grenzverletzungen besprochen und Streitigkeiten zwischen den jeweiligen Landsherren ausgetragen wurden.

1536 – Auseinandersetzungen wegen unbefugtem Schafe hüten der markgräflichen Schäferei von Hohenberg auf vermeintlich egerischem Grund und Boden. Die grundherrschaftlichen Besitzverhältnisse waren verworren.

1545 – Im Wirtshaus zu Schirnding große Schlägerei zwischen etlichen mutwilligen Gesellen aus Arzberg und Oschwitz; die Arzberger hatten nach einem alten Privileg das Recht, die Schankstatt zu Schirnding mit Bier zu beliefern.

1572 – Es gab bereits ein Zollamt und den Schirndinger Zolltarif mit 20 verschiedenen Warenarten; Hopfen aus Böhmen war zollfrei.

1591 – Zur Erhaltung der Brucken und Wehr am Pass von Schirnding war das gesamte militärische Aufgebot des Sechsämterlandes aufgeboten, als legistische Reiter aus Böhmen einzudringen versuchten. Damals war das gesamte Grenzgebiet von Possek bei Hof über Schirnding bis Bärnau an den Furten bewacht.

1632 – Ernster Zwischenfall am Pass von Schirnding, 3000 Kroaten fielen über den Pass von Schirnding in das Land ein, 42 zur Verteidigung des Passes herbeigeeilte Bauern wurden erschossen, Pass und Burg Hohenberg wurden besetzt, Arzberg wurde erobert und zerstört. Eine turbulente Zeit für den an der Durchgangsstraße gelegenen Ort Schirnding. Viele Eintragungen in den Sterbebüchern geben Zeugnis von dieser schrecklichen Besatzungsmacht.

1647 – Schwedische Soldaten auf ihrem Marsch nach Eger plündern und zerstören die Kirche in Schirnding; sie wurde 1687 erneuert.

1673 – Die kaiserliche Armee mit etwa 30.000 Mann zog plündernd durch den Ort. Bis 1687 waren ständig Soldaten einquartiert, die den Grenzpass zu bewachen hatten. Durch eine Hochwasserkatastrophe wurde das gesamte Dorf unter Wasser gesetzt und großer Schaden angerichtet.

1680 – Der Pass von Schirnding war wegen Seuchengefahr gesperrt. Die Grenze wurde durch so genannte Confin-Wachen verstärkt, deren Aufgabe es war, die Gesundheitspässe der Reisenden und deren Herkunft zu prüfen.

1706 – Die verfallene Holzbrücke über die Röslau wurde erneuert. Zu dieser bestand auf der Strecke Prag – Eger – Thiersheim – Frankfurt a. Main eine Postverbindung der Thurn- und Taxisschen Postverwaltung. Es war eine aufblühende Zeit, insbesondere für die Wirte in Schirnding. 1853 erhielt Schirnding eine Brief- und Fahrpost-Expedition ohne Poststall.

1788 – Nach längerer Planungszeit wird ein neues Wachhaus fertig gestellt. Es befand sich nun über der Brücke am Fuße des Mühlberges, damit es nicht mehr überflutet werden konnte. “Es war Zoll-, Forst- und Wachhaus zugleich”.

1791 – werden die beiden Fürstentümer Bayreuth, zu dem Schirnding gehörte, und Ansbach an den preußischen König Wilhelm II abgetreten.

1806 – Die Regimenter Napoleons besetzen auch das Sechsämterland.

1830 – gab es in Schirnding eine Kontumazanstalt, in der Seuchenverdächtige untergebracht waren. Wohnhäuser und sonstige Gebäude mussten für diese Zeit trotz Protestes der Besitzer geräumt werden.

1840 – Der so genannte “Kleine Grenzverkehr”; mit Böhmen blüht. Hutmacher, Schmiede, Metzger, Büttner, Brauer und namentlich bekannte Bürger beantragten Konzessionen um Erweiterung ihrer Betriebe. So erhielt Christoph Singer eine Konzession zur Errichtung einer Schankstatt, da bekanntlich das bayerische Bier der Qualität nach vorzüglicher ist als das böhmische und deshalb auch viele Einwohner aus Eger und den umliegenden böhmischen Ortschaften Schirnding als den äußeren Grenzort gegen Böhmen des Bieres wegen gerne besuchten.

1863 – Friedrich Nietzsche übernachtet in Schirnding und schreibt in sein Tagebuch: “Dorfkneipe, zwischen Fuhrmann und Hausknecht auf der Streu. Schnarcht gewaltig, stinkt nach Pferd”.

1879 – wurde die evangelische Kirche wieder aufgebaut, die wahrscheinlich aus einer im 13. Jahrhundert erbauten Burgkapelle hervorgegangen und 1873 abgebrannt war.

1879 – Die Bahnlinie von Marktredwitz nach Schirnding wurde in Betrieb genommen; sie wurde 1883 bis nach Eger weitergebaut. Eine für die damalige Zeit geniale Verkehrsverbindung war damit geschaffen worden.

(Bahnhof Schirnding um 1884, Bildquelle: Gemeindearchiv Schirnding)

1901 – Der aus Arzberg stammende Lorenz Reichel gründete die Porzellanfabrik; ein industrieller Aufschwung setzte ein, viele Bürger aus Schirnding und Umgebung fanden dort Arbeit. Die Fabrik entwickelte sich bis heute zu einem leistungsstarken Unternehmen. Die früher betriebenen Kalköfen am Friedhof und auf der Ziegelhütte stellten ihre Produktion ein.

1928 – wurden die Pass-Visa zwischen Deutschland und der Tschechoslowakei aufgehoben und für den kleinen Grenzverkehr zum Preis von 50 Pfennig eingeführt. Man fuhr nach Eger, ins Theater, ins Kino, zum Arzt und zum Einkaufen. Der kleine Schmuggel (Paschen) hatte seine Blütezeit. Die Einkehr drüben war billig. Ein Menü in einer Egerer Gaststätte kostete 8 Kronen, umgerechnet etwa 1 Reichsmark.

1932 – wurde die katholische Kirche erbaut und eingeweiht.

1938 – Einmarsch der deutschen Truppen in das Sudetenland. Schon vorher kamen Flüchtlinge über die Grenze. Am 1. April 1939 wurde das Zollamt Schirnding/Landstraße aufgehoben – es gab in Schirnding keine Grenze mehr.

1945 – Der Ort blieb von den Kriegswirren weitgehend verschont. Amerikaner übernahmen die Kontrolle der durchgehenden Güterzüge an der Brücke und besetzten den Grenzübergang. Wöchentlich kamen 3 bis 4 Züge mit je 600 bis 700 Vertriebenen in Schirnding an, wo sie vom Roten Kreuz betreut wurden.

1946 – Die ersten Speditionen siedeln sich an. Die Aufgaben des Gemeinschaftsbahnhofes Eger wurden auf den Bahnhof Schirnding verlagert. Dieser wurde damit ein wichtiger Umschlagplatz im Güterverkehr zwischen Ost und West.

1949 – Erstes Vinzenzifest oder Birnsunnta als Wiedergeburt des traditionellen Kirchen- und Erntedankfestes in Eger.

1956 – Das Zollamt Landstraße wurde am 15. September unter großer Beteiligung der Bevölkerung wiedereröffnet und ist heute sowohl im internationalen Güterverkehr als auch im Personenverkehr ein bedeutender Übergang in die Tschechische Republik.

Neubau der Röslaubrücke (Bildquelle: Archiv Schirnding)

1966 – Ein neues Bahnhofsgebäude mit Diensträumen für den Zoll und die Grenzpolizei konnte bezogen werden. Auf der ehemaligen Hindenburg-Kohlegrube unmittelbar an der Grenze wurde nach dem neuesten Stand der Keramtechnik ein Ziegel- und Tonwerk aufgebaut und die Röslaubrücke wurde erneuert (siehe Bild, Bildquelle: Gemeindearchiv Schirnding)

1977 – Am 27. Juli wurde der Gemeinde im Rahmen der 600-Jahrfeier die Bezeichnung Markt verliehen. Gedenkblätter und Erinnerungsteller in der jeweils limitierten Auflage von 600 Stück, sowie Briefmarken mit Sonderstempel erinnern an die für die Gemeinde bedeutsamen Tage.

1978 – Ab 1. Januar bilden die beiden Gemeinden Schirnding und Hohenberg a. d. Eger die Verwaltungsgemeinschaft mit Sitz in Schirnding. Baubeginn für das neue Rathaus; Anschluss an die Kläranlage in Arzberg.

1986 – Am 4. Juli wurde unter großer Beteiligung der Lehrerschaft, der Schulkinder und der Bevölkerung der neu gestaltete Schulhof eingeweiht. Er ist nach landschaftsfreundlichen Gesichtspunkten mit einem Verkehrserziehungsgarten hergestellt worden.

1987 – In Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste fand das Richtfest für die Erweiterung und den Umbau des Dienstgebäudes der Grenzpolizei statt; Festredner war der damalige Bayer. Innenminister Lang; Steigendes Verkehrsaufkommen! Ernste Bemühungen um den Bau einer Umgehungsstraße; eine Delegation namhafter Persönlichkeiten wird zur Vorsprache im Bayer. Innenministerium in München zustellig.

1988 – Der Markt Schirnding wird in das Dorferneuerungsprogramm aufgenommen und nützt in den Folgejahren bei Baumaßnahmen dessen Vorteile.

1989 – Das “Tor zur Freiheit” wird geöffnet. Tausende Flüchtlinge aus der DDR kommen über die geöffneten Grenzen auf der Landstrasse und am Bahnhof.

(Grenzübergang Schirnding November 1989, Bildquelle: Gemeindearchiv Schirnding)

Grenzübergang Schirnding 1989/90 (Bildquelle: Archiv Schirnding)

1990 – Erste deutsch-tschechische Zusammenkünfte von Delegationen des Marktes Schirnding mit Bürgermeister Franz Kraus und der Stadt Eger (Cheb) mit dem damaligen Bürgermeister Josef Kuja; Nach 45 Jahren verkehrt erstmals ein Nahverkehrszug zwischen den beiden Nachbargrenzorten; Seit 1. Juli gibt es zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik keine Visa- und Geldumtauschpflicht; Der Bayerische Rundfunk sendet die Bürgershow “Jetzt red i” aus der Schirndinger Gemeindehalle.

1992 – Spatenstich für die Umgehungsstraße Schirnding mit Staatssekretär Huber; Der Bahnhof Schirnding verlor als Grenzbahnhof seine bisherige Bedeutung. Die Güterabfertigung wird am “Gemeinsamen Bahnhof” in Eger erledigt.

1994 – Schirnding erhält Erdgasanschluss. Ein neues Energiezeitalter bricht an! Zum Abschluss der von allen Anwesenden hoch gelobten General-sanierung des Schulhauses fand ein Festakt am neuen Schulhof statt. Vertreter vieler Behörden würdigten die Leistung zum Wohle der Schüler. Schulleiter war zu dieser Zeit Herr Alois Schwägerl.

1995 – Die Umgehungsstraße in einer Gesamtlänge von 4,6 km (Nordumgehung von Schirnding) wurde für den Verkehr freigegeben. Es wurde ein großes Fest gefeiert, aus Freude und Dankbarkeit dafür, dass die Ortsdurchfahrt entlastet wird.

1996 – Erster Weihnachtsmarkt auf dem Marktplatz (Dorfmitte)! Allgemeine Beurteilung: “Die Premiere ist großartig gelungen”.

1997 – Für die Veterinäre an der Grenzkontrollstelle in Schirnding/ Landstraße wurden Abfertigungsanlagen und Untersuchungseinrichtungen nach dem modernsten Stand der Technik errichtet; Auf tschechischem Gebiet am Grenzübergang Schirnding – Eger (Cheb) wurde die Gemeinschaftszollanlage eröffnet. Deutsche und tschechische Zoll- und Passabfertigungsbeamte sitzen nunmehr unter einem Dach! Der Großparkplatz am Übergang wurde für den Verkehr freigegeben.

1999 – Die Wasserversorgung Schirnding wird “privatisiert” – Betreiber wird die Energieversorgung Selb-Marktredwitz (ESM).

Die Einwohner leiden unter dem Lärm, den Abgasen und den Verkehrsbehinderungen der durch die tschechische Zollabfertigung verursachten kilometerlangen Staus auf der Umgehungsstraße B303.

2000 – Mit der Einweihung des über die Dorferneuerung finanzierten und neu gestalteten Rathausplatzes leistet der Markt einen wesentlichen Beitrag zur Verschönerung des Ortsbildes.

Die Bürger des Ortsteils Fischern feiern ihr 700-jähriges Bestehen zusammen mit der Einweihung des ebenfalls über die Dorferneuerung gestalteten Ortskerns.

2002 – Der Markt Schirnding feiert sein 625-jähriges Bestehen mit einem Festakt am Wiesenfestwochenende, Konzerten und dem 1. Schirndinger Dorfmarkt im September 2002.

2013 – Die Firma Arzberg Porzellan GmbH meldet Insolvenz an und die lange Tradition der Porzellanherstellung in Schirnding ist beendet.